1996 | Im Dezember 1996 wird RKL-Präsident Dr. Helmut Graupner in die Sexualstrafrechtsreform-Arbeitsgruppe des Justizministers berufen, die bis 1999 Vorschläge für ein neues Sexualstrafrecht ausarbeitet.
Am 27. November 1996 beschloß der Nationalrat, nach jahrelangem Lobbying des Rechtskomitee LAMBDA und anderer Lesben- und Schwulenorganisationen, die Aufhebung der anti-homosexuellen §§ 220 und 221 StGB, die das öffentliche Gutheißen von "Unzucht mit Personen des gleichen Geschlechts" (§ 220) sowie "Verbindungen zur Begünstigung gleichgeschlechtlicher Unzucht" (§ 221) unter Strafe gestellt hatten. Die Aufhebung trat mit 1. März 1997 in Kraft (Art. I BGBl 1996/762). Näheres IA 7/96 (1). Am 12. August 1996 hat Bundespräsident Dr. Thomas Klestil einen Mann begnadigt, der zu 6 Monaten (unbedingter) Freiheitsstrafe verurteilt worden war, weil er mit dem Auto seines Lebensgefährten gefahren ist, ohne diesen um Erlaubnis zu fragen (§ 136 StGB). Ein "Delikt", das innerhalb einer verschiedengeschlechtlichen Lebensgemeinschaft gar nicht strafbar ist (bis zum 01.10.1998 jedoch sehr wohl in einer gleichgeschlechtlichen). Das Berufungsgericht hat diese Strafe auf 2 Monate unbedingter Freiheitsstrafe reduziert. Über Ersuchen des Rechtskomitee LAMBDA hat der Herr Bundespräsident die Strafe dann in eine Geldstrafe umgewandelt. Es war dies das erste (und bislang das einzige) Mal, dass ein österreichischer Bundespräsident ein homosexuellendiskriminierendes Urteil korrigiert hat. Näheres in IA 5/96 (1), 4/96 (3). Im April 1996 hat Justizminister Dr. Nikolaus Michalek nach (trotz Kritik auch von seiten des Bundespräsidenten) langem Widerstreben der langjährigen Forderung des Rechtskomitee LAMBDA und der Plattform gegen § 209 Rechnung getragen und seine Praxis aufgegeben, auf Grund der anti-homosexuellen §§ 209, 220 und 221 StGB Verurteilte von vorneherein und generell von der Weihnachtsgnadenaktion auszuschließen (im Gegensatz zu Mördern, Totschlägern, Räubern, Körperverletzern, wegen Wiederbetätigung verurteilten Neonazis etc.). Näheres in IA 3/96 (2). Im März 1996 richtete die "Initiative zur Ergänzung des § 64 StGB" eine Petition an den Nationalrat, in der sie die Abgeordneten aufforderte, sexuelle Kontakte mit Kindern im Ausland auch dann unter Strafe zu stellen, wenn Tat im betreffenden Land nicht strafbar ist ("Weltrechtsprinzip"). Nach dieser Petition, die mehr als vierzig Organisationen unterstützt hatten, sollten selbst Verstöße gegen § 209 StGB in die Strafbarkeit einbezogen werden. Das hätte bedeutet, dass Österreicher - unabhängig von den Gesetzen des Auslands - in aller Welt an den diskriminierenden § 209 StGB gebunden gewesen wären, und bei Verstößen vor österreichische Gerichte gestellt hätten werden können, obwohl die Beziehung im Ausland völlig legal ist. Das Rechtskomitee LAMBDA konnte erreichen, dass das Weltrechtsprinzip schließlich nur für sexuelle Kontakte mit Kindern (unter 14 Jahren; §§ 206, 207 StGB) eingeführt wurde, nicht aber für § 209 (BGBl 1996/762). Näheres in IA 3/96 (3). |